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Das historische Gründungsdokument

Mit »vier Talern und 16 Groschen« startete August Hermann Francke seine Idee: Eine Waisen- und Bildungsanstalt, die die Welt nachhaltig verändern würde: Erstmals eröffnete hier ein innovatives Schulsystem Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft bestmögliche Bildungschancen. Das Realschulwesen in Deutschland mit seinen praxisnahen Ausbildungskonzepten, die moderne Sozialfürsorge, die erste protestantische Mission sowie Millionen deutschsprachige Volksbibeln haben ihren Ausgangspunkt in den Franckeschen Stiftungen. Das Gründungsprivileg des Kurfürsten Friedrich III. schuf dafür die rechtliche Grundlage.

[...] sonnenklar ist, daß, wenn eine grosse Menge Menschen ungebeten, und viele ohne Benennung ihrer Namen, auch manche zuvor gantz unbekannte solche Liebthätigkeit erweisen; und zwar nicht nur im Anfang eines Wercks, und weils etwa was neues ist, sondern beständig und so viel Jahr nach einander; man solches mit allem Recht eine sonderbare Göttl. Providentz nennet.
Wers dafür nicht erkennet, muß nicht wissen, oder nicht wissen wollen, wie fest leider! insgemein der Menschen Hertzen am Gelde kleben, und, daß es sonst nicht jederzeit und aller Orten so zu gehen pflege, wenn gleich etwas Gutes angefangen wird.

August Hermann FranckeSegensvolle Fußstapfen

Das Privileg

Gleich der erste Absatz des Dokuments birgt eine Sensation

1. Wollen und verordnen WIR hiermit und krafft dieses/ daß gleich wie solches Werck von M. Francken privatim angelegt worden/ also solches hinkünfftig unter Unserm Namen/ Schutz und Authorität geführet/ und als ein publiques Werck confideriret werden solle [...]

Mit seinem »publiquen Werk« schuf Francke die erste öffentlich rechtliche Stiftung.

Buchdruck und Buchhandel

9. Uber dem weilen so sol bey dem Waysen-Hauß/ als auch bey dem übrigen zu Erziehung der Jugend gemachten Anstalten von Büchern ein großer Abgang/ und sonsten der Universität nicht wenig zuträglich ist/ daß an Druckereyen/ Buch-Händlern/ und Buchbindern kein Mangel seye; So privilegiiren/ concediren und verstatten Wir gedachtem Waysen-Hauß/ daß selbiges eine Druckerey/ Buch-Händler und Buchbinder halten möge/ jedoch daß die in sothaner Druckerey zu druckende Sachen in allen Stücken der gewöhnlichen Censur unterworffen seyn sollen;

Die Apotheke

10. Gleicher gestalt privilegiiren und verstatten Wir diesem Waysen-Hauß/ in Betracht/ daß sonderlich bey Winters- und nächtlicher Zeit/ die Artzneyen ohne große Beschwerung aus Halle nicht geholet werden können/ Unser Ambt Giebichenstein auch/ worunter Glaucha gelegen/ noch mit keiner Apothecken verstehen ist/ eine absonderliche öffentliche Apothecke zuhalten/ wovon aber die Wahren der accise und übrigen oneribus gleich andern unterworffen bleiben.

Die Back- und Braulizenz

11. Nechst dem verordnen Wir/ daß offt-gedachtes Waysen-Hauß befugt seyn soll nachfolgende Handwercker/ als: Einen Schneider/ einen Schuster/ einen Schmidt/ einen Tischer und einen Böttcher zusetzen und anzunehmen.

12. Insonderheit aber haben Wir die Back- und Brau-Gerechtigkeit dem Waysen-Hauß Gnädigst concediret und verstattet/ so viel nemlich als zu sothanem Waysen-Hauß/ wie auch zu den Armen- und Krancken-Häusern von nöthen ist;

Die Erbschaft der Waisen

19. Wann Stipendia, in vorerwehnten beyden Herzog- und Fürstenthümern zuvergeben seynd/ wollen Wir die jenige/ so im Waysen-Hauß zum studiren erzogen/ andern Competenten caeteris paribus vorziehen laßen/ auch

20. Zu dem vorseyenden Bau des Waysen-Hauses einiges Holz/Kalck/Ziegel- und Dachsteine
Gnädigst schencken/ und auff erhaltene Nachricht deßen/ so darzu erfordert wird/ absonderliche Verordnung Gnädigst ergehen laßen;

21. Was denen Waysen-Kindern/ in wehrender Zeit sie im Waysen-Hauß seynd/ aus Ihrer Freundschafft an Erbschafften zustirbet/ davon soll das Waysen-Hauß den usum fructum haben/ solang als die Kinder darinnen seynd: Wan sie aber ausgehen/ sollen sie solches mitnehmen/ oder wann sie inzwischen nicht verständig genung/ die Zinsen von dem Capital für die auffgehoben werden;

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